Paul Hildebrandt

Experimentelle Untersuchung von Unterschieden in
Schwingungsverhalten und Statik zweier Konzertgitarren mit
gegensätzlich ausgearbeiteten Decken

WS 2023/2024

Während die Ausarbeitung von Gitarrendecken üblicherweise über die Schwächung der Randbereiche gegenüber der Stegregion erfolgt, gibt es ebenso erfolgreiche Beispiele für einen genau umgekehrten Ansatz.

Da bislang kaum eindeutige Aussagen zu den aus diesem Konstruktionsunterschied resultierenden akustisch-musikalischen Unterschieden gefunden werden konnten wurde in dieser Arbeit versucht sich dem Thema experimentell anzunähern.

Hierzu wurden zwei annähernd identische Konzertgitarren gebaut und anschließend auf mögliche Unterschiede untersucht. Um diese möglichst sicher auf die Deckenstärkenverteilung zurückführen zu können wurde dabei eine möglichst große Übereinstimmung aller anderen Parameter angestrebt. Dies wurde realisiert über eine gezielte Materialauswahl, bei der für sämtliche Bauteile beider Instrumente jeweils Hölzer des selben Stamms und in gleicher Orientierung verwendet wurden. Bei den Decken konnten zusätzlich relevante Materialeigenschaften zur Auswahl herangezogen werden um eine möglichst geringe Abweichung zu garantieren. Der Bau der beiden Versuchsinstrumente erfolgte zudem strikt parallel, d.h. jeder Arbeitsschritt wurde am gleichen Tag, unter gleichen Bedingungen und auf die gleiche Art ausgeführt.

Untersucht und verglichen wurden anschließend verschiedene statische und akustische Parameter, sowie die Unterscheidbarkeit der Instrumente durch Musiker*innen.  Messbar waren dabei bei der inversen Ausarbeitung sowohl eine stärkere Deformation durch den Saitenzug sowie durch eine senkrecht zur Decke wirkenden Kraft, als auch eine geringfügig schnellerer Ansprache bei kürzerer Klangdauer. Unterschiede in der Abstrahlcharakteristik verschiedener Resonanzen konnten nicht eindeutig belegt werden. Eine blinde Unterscheidung der beiden Gitarren durch Musiker*innen war sowohl im Hör- als auch im Spielversuch ebenfalls nicht möglich. In zahlreichen unkontrollierten, freien Anspielsituationen wurden dennoch immer wieder Unterschiede benannt, wobei teils recht Ähnliches beschrieben. Relativ zuverlässig gleichbleibend bemerkt wurde das unterschiedliche Ein- und Ausschwingverhalten. Oftmals wurden ebenso Klangfarben als Unterscheidungsmerkmal angeführt. Abgesehen davon waren jedoch außer einer gefühlten Präferenz einer Mehrheit von Musiker*innen für die traditionell ausgearbeitete Decke kaum einheitliche Meinungen zu klaren Unterschieden zu erkennen.