Beispielhafte Verlaufsmodelle
Die Verlaufsmodelle bieten eine Orientierungshilfe, einen kurzen Überblick für eine mögliche Ausgestaltung des Selbststudiums und der Verflechtung mit dem Kontaktstudium. „Es handelt sich um praxisbewährte Ansätze, die meist in der Praxis selbst entwickelt wurden, aus dem Versuch, Wege zu finden, um im Rahmen des Hochschulunterrichts dem selbstständigen, eigenaktiven Lernen einen höheren Stellenwert einzuräumen“ (Landwehr & Müller, 2008).
Integrierte Lernaufgaben
Den Studierenden werden Aufgaben gestellt, die in selbstständiger Arbeit außerhalb des Präsenzunterrichts (als „Hausaufgaben“) zu lösen sind. Die Aufgaben stehen meist in einem engen Bezug zum Stoff, der im Kontaktunterricht vermittelt wird. In diesem Sinne sind sie in das herkömmliche Unterrichtsarrangement „integriert“. Die geforderten Selbstlernaktivitäten haben für den Präsenzunterricht eine „zudienende“ Funktion, im Sinne von Vorbereitung, von Verarbeitung/Nachbearbeitung oder von Transferunterstützung.
Ziele |
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Ablauf |
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Institutionelle Voraussetzungen | Die selbstständige Arbeitszeit der Studierenden muss im Studienplan angemessen berücksichtig werden – mit Blick auf eine erträgliche Gesamtbelastung. Es braucht eine Koordination unter den Dozierenden, um eine Überfülle von unverbundenen Lernaufgaben zu vermeiden. |
Rolle der Dozierenden | Die Prozesssteuerung bleibt im Wesentlichen bei den Dozierenden. |
Rolle der Studierenden | Die Rolle der Studierenden erfährt eine eingeschränkte Erweiterung der Selbststeuerung und Eigenverantwortlichkeit: Die Lernenden müssen die frei verfügbare Zeit so einteilen, dass die geforderten Aufgaben rechtzeitig ausgeführt werden. |
Gefahren / Stolpersteine |
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(Landwehr & Müller, 2008)
Skriptbasiertes Selbststudium
Den Studierenden wird ein Skript abgegeben, das alle wesentlichen (insbesondere alle prüfungsrelevanten) Sachinformationen enthält und die mündliche Präsentation des Stoffes durch den Dozenten/die Dozentin ersetzen soll. Das Skript bildet die Grundlage für die selbstständige Aneignung des Sachwissens. Die Studierenden lernen zunächst allein anhand des ausgehändigten Lerntextes und versuchen, Nichtverstandenes im Team (ca. 6 Studierende) zu klären; anschließend besprechen die Teams mit den Dozierenden die verbleibenden Fragen („Restklärung“).
Ziele |
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Ablauf |
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Institutionelle Voraussetzungen | Das Verfassen eines Skriptes ist sehr aufwendig, es lohnt sich nur, wenn die betreffende Unterlage in mehreren Kursen/Kursgruppen verwendet werden kann. Es braucht Gruppenräume, in denen mehrere moderierte Gruppen parallel arbeiten können, oder der Plenumsraum muss groß genug sein, damit mehrere Gruppen darin arbeiten können, ohne sich zu stören. |
Rolle der Dozierenden | Die eigentliche Stoffvermittlung wird an das „Papier“ delegiert. Die Dozierenden werden zu „Klärungshelfern auf Verlangen“. Die „Restklärung“ und die Prozessklärung werden zu ihren eigentlichen interaktiven Schwerpunkttätigkeiten. |
Rolle der Studierenden | Die Verantwortlichkeit für den Verstehensprozess liegt in erster Linie bei den Studierenden: Sie müssen aktiv werden, um Unterstützung zu erhalten. |
Gefahren / Stolpersteine |
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(Landwehr & Müller, 2008)
Social-Support-Modell
Der Lehr-Lern-Prozess wird in verschiedene Lernphasen aufgeteilt, in denen nicht nur unterschiedliche Lernformen, sondern auch verschiedenartige Gruppierungsformen berücksichtigt werden. Neben der üblichen Plenumsgruppierung (Unterricht mit der ganzen Kursgruppe) und dem individuellen Selbststudium werden auch Lerntandems, unbegleitete Lerngruppen oder begleitete Lerngruppen gezielt für den Lernprozess genutzt. Der Lehr-Lern-Prozess innerhalb eines Moduls wird in verschiedene Lernphasen aufgeteilt, in denen die unterschiedlichen Gruppierungsform
Ziele |
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Ablauf |
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Institutionelle Voraussetzungen | Es braucht Module, die einen relativ großen Zeitanteil umfassen (z. B. 1/2 Tag wöchentlich – nach Möglichkeit über zwei Semester) und in denen die berufsfeldbezogene Umsetzung einen hohen Stellenwert hat. |
Rolle der Dozierenden | Dozierende übernehmen eine Doppelrolle: als Fachexperten und -expertinnen in der Plenumsveranstaltung und als Supervisoren/Moderatorinnen in den begleiteten Gruppentreffen. |
Rolle der Studierenden | Die Studierenden werden nicht nur als Lernende angesprochen, sondern auch als „Ressourcenträger“, die auf kollegialer Ebene eine unterstützende Funktion/eine Expertenfunktion übernehmen sollen. |
Gefahren / Stolpersteine |
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Leitprogramme
Leitprogramme sind schriftliche Lernanleitungen und Texte für das Selbststudium. Sie enthalten normalerweise Zielsetzung, Fachtexte zum Thema, Aufgabenstellungen und Lernkontrollen. Die Bearbeitung des Leitprogrammes erfolgt in selbstständiger Arbeit. In der Regel wird die Bearbeitung mit einem Test abgeschlossen. Ein Leitprogramm kann sich auf kürzere Lernsequenzen innerhalb eines Moduls beschränken (z. B. zwei Lektionen) oder den Stoff eines ganzen Moduls umfassen. Umfangreichere Leitprogramme sind in der Regel in Kapitel gegliedert, die in sich geschlossene Lernsequenzen bilden.
Ziele |
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Ablauf |
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Institutionelle Voraussetzungen |
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Rolle der Dozierenden | Dozierende machen sich als individuell Prozessgestaltende weitgehend überflüssig; die Steuerung erfolgt mittelbar über das Lernmaterial. |
Rolle der Studierenden | hohe Eigenaktivität, aber wenig Selbststeuerung und Eigenverantwortung im Bereich der Prozessstrukturierung. Die Selbstbestimmung ist eingeschränkt auf die Variablen Zeitpunkt, Ort und Dauer des Lernens. |
Gefahren / Stolpersteine |
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(Landwehr & Müller, 2008)
Problem-Based Learning
Ausgangs- und zentraler Bezugspunkt des Lernprozesses bilden praxisnahe Problemfälle. Diese werden in Form von wirklichkeitsnahen, möglichst kurz und prägnant formulierten Situationsschilderungen den Lernenden zu Beginn einer Lernsequenz vorgegeben und dienen als Fokus für den weiteren Verlauf des Lernprozesses.
Für die Bearbeitung der Fälle ist ein mehrschrittiges Verfahren festgelegt, das sich teilweise in der Kursgruppe (Plenum, Klasse), zum größeren Teil aber in der individuellen Auseinandersetzung mit ausgewähltem Informationsmaterial abspielt.
Ziele |
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Ablauf |
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Institutionelle Voraussetzungen | Schulung der Dozierenden für die spezielle Rolle als Tutoren bzw. als Moderatorinnen im PBL-Prozess. Einrichtung von Arbeitsplätzen für Studierende/Studierendengruppen, in denen die selbstständige Informationsrecherche vorgenommen werden kann (unterstützt durch eine Bibliothek/Lernplattform). Größere zusammenhängende Zeitgefäße (Zeitblöcke): Eine Arbeitssequenz sollte einen halben Tag dauern. |
Rolle der Dozierenden | Die Dozierenden werden in erster Line in der Rolle der Moderation gefordert. Die Sachverständigenfunktion steht klar im Hintergrund und kann eventuell sogar an eine andere Person delegiert werden. |
Rolle der Studierenden | Bei den Studierenden steht die Individualarbeit (eventuell Gruppenarbeit) zur Wissensaneignung und -aufbereitung im Vordergrund; sie übernehmen in diesem Prozess eine eigenverantwortliche Rolle. |
Gefahren / Stolpersteine |
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(Landwehr & Müller, 2008)
Individuelle Vorhaben
Individuelle Vorhaben bieten den Studierenden die Möglichkeit, einem selbstgewählten Themenschwerpunkt nachzugehen. Im Vordergrund steht die selbstständige Aufarbeitung der Materie. Die Wahl des Themas, der Ziele und leitenden Fragen, an denen sich der Lernprozess orientiert, wird von den Studierenden selbst getroffen.
Individuelle Studienvorhaben können unterschiedliche Formen und Schwerpunkte haben: theoretische Abhandlung, gestalterische Arbeiten, Forschungsvorhaben, Erkundungsvorhaben, Praxisvorhaben.
Ziele |
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Ablauf |
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Institutionelle Voraussetzungen |
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Rolle der Dozierenden |
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Rolle der Studierenden | Die Studierenden tragen die Verantwortung für die Prozessgestaltung (Prozesssteuerung) in einem umfassenden Sinne, inkl. genauer Festlegung des Arbeitsschwerpunktes und der Arbeitsziele. |
Gefahren / Stolpersteine |
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(Landwehr & Müller, 2008)
Lern- und Übungsprojekte
Bei den Lern- und Übungsprojekten sind zwei Grundtypen zu unterscheiden.
Fallbasierte Projekte: Ausgangspunkt ist ein wirklichkeitsnaher Problemfall. Der Auftrag besteht darin, für die in der Fallbeschreibung dargelegte Problemaufgabe eine Lösung zu erarbeiten.
Gestaltungs- und Konstruktionsprojekte: Hier wird eine Aufgabe gestellt, bei der das Endprodukt vorgegeben wird. Das „Problem“ besteht darin, das genaue Endprodukt und/oder den Weg dorthin zu planen und auszuführen. Die praktische Realisierung ermöglicht Rückmeldungen zur Funktionalität der gewählten Lösung.
Ziele |
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Ablauf |
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Institutionelle Voraussetzungen |
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Rolle der Dozierenden |
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Rolle der Studierenden | Die Studierenden übernehmen die Verantwortung für die Prozessgestaltung innerhalb der definierten Rahmenvorgaben (inkl. selbstständiger Suche/Beschaffung der Informationsgrundlagen). |
Gefahren / Stolpersteine |
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(Landwehr & Müller, 2008)
Echtprojekte
Echtprojekte sind Problemlösungsaufträge, die für eine Kundschaft ausgeführt werden. Es gibt eine auftraggebende Person oder Institution, die für ein reales Problem aus der Praxis eine Lösung sucht. Dieser Aspekt prägt den Projektverlauf wie folgt:
- Die Lernenden müssen zuerst verstehen und herausfinden, welches das wirkliche Anliegen der Kundschaft ist.
- Die Analysen und Lösungsvorschläge müssen gegenüber der Kundschaft nachvollziehbar präsentiert werden.
- Das Projekt erhält Ernstcharakter mit „Life-Feedback“.
Ziele |
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Ablauf |
Vorbereitender Schritt: Projekt-Akquisition – Suche nach geeigneten Projektaufträgen von externer Kundschaft.
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Institutionelle Voraussetzungen | Das Finden geeigneter Projektaufgaben mit externer Kundschaft muss professionell angegangen werden. Es empfiehlt sich eine zentrale Stelle, welche die Projekte für die unterschiedlichen Studiengänge gemeinsam akquiriert. |
Rolle der Dozierenden | Dozierende sind einerseits Prozessbegleitende, andererseits Fachpersonen bei der Erarbeitung kundenorientierter Lösungen. |
Rolle der Studierenden |
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Gefahren / Stolpersteine |
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(Landwehr & Müller, 2008)
Ansprechpartner
Prorektor für Bildung
Prof. Dr. Wolfgang Golubski
Ansprechpartner für Hochschuldidaktik
Stefan Müller
+49 375-536-1037
stefan.mueller.1[at]fh-zwickau.de
Besucheradresse
Westsächsische Hochschule Zwickau
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08056 Zwickau
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